Gründung der „Seeallianz“: Ziel ist Hoheit über das Stromnetz

Der Zusammenschluss von sechs Kommunen aus dem westlichen Bodenseekreis zur kommunalen Stromnetzgesellschaft „Seeallianz“ zusammen mit der EnBW und dem Stadtwerk am See ist auf der Zielgeraden. Dabei soll das lokale Stromnetz im Gebiet der Gemeinden Bermatingen, Deggenhausertal, Owingen, Salem, Uhldingen-Mühlhofen und der Stadt Markdorf von der Netze BW, dem Verteilnetzbetreiber der EnBW, gekauft werden.

Kämmerer Bernd Habnitt, der einer der Verhandlungsführer auf Kommunalseite war,
stellte im Markdorfer Gemeinderat das Verhandlungsergebnis vor und machte klar,
dass dies schwierige, knallharte Verhandlungen gewesen seien: „Wir sind jetzt an dem
Punkt, wir sagen Ja oder Nein.“ Es sei alles ausgehandelt. Änderungen seien nicht
mehr möglich. Die Markdorfer Stadträte bekamen die Vertragsentwürfe, die sie sich
über die Sommerpause durchsehen sollen, bevor eine Entscheidung gefällt wird. „Kern
dieses Vorhabens ist nicht, dass wir eine ordentliche Rendite erzielen, sondern Kern
der Idee ist, dass wir die Hoheit über das Stromnetz haben“, sagte Bürgermeister
Georg Riedmann. Er erinnerte daran, was für Schwierigkeiten es beim
Breitbandausbau gebe, wenn man eben nicht die Hoheit habe.
Ausgangslage war nach den Erläuterungen von Habnitt, dass die Kommunen
regelmäßig Konzessionsverträge für Strom und Gas schließen müssen. 2010 gab es
dann vereinzelte Angebote an Gemeinden, kommunale Unternehmungen zu gründen,
woraus wiederum die Idee einer gemeinsamen Netz-Gesellschaft entstand. Diese
Seeallianz wurde erstmals 2012 vorgestellt. Erwerben kann sie das lokale Stromnetz
für den netzkalkulatorischen Restwert, weil die Netze BW dies damals zugesagt hatte.
Habnitt machte klar, dass dies eine einmalige Chance sei, was ihm auch der ehemalige
Geschäftsführer des Stadtwerks am See (SWSee), Alfred Müllner, kurz vor seinem
Ausscheiden noch einmal gesagt habe. Stünde der Erwerb der Leitungsnetze heute
erst zur Diskussion, würde die Netze BW vermutlich 30 bis 40 Prozent mehr
verlangen.
Die Entwürfe sehen vor, dass die Seeallianz GmbH & Co. KG gegründet wird, wobei die
Gemeinden mit 51 Prozent die Mehrheit haben – das gelte immer, wie Habnitt auf
Nachfrage erklärte, auch wenn eine Gemeinde oder zwei Gemeinden nicht mitmachen sollten. Die Netze BW hat 33 Prozent Anteil und die SWSee erwirbt 16 Prozent (1,44
Millionen Euro). Die sechs Kommunen müssen für ihren Gesellschaftsanteil rund 9,03
Millionen Euro bezahlen, davon sind allerdings nur 40 Prozent (4,61 Millionen Euro)
Eigenkapital. 60 Prozent sind Fremdkapital, das von der neuen Seeallianz
aufgenommen wird. Die Netze BW bringt 40 Prozent ihres bisherigen Stromnetzes in
den sechs Gemeinden in die Gesellschaft ein. Insgesamt geht es um ein
Sachanlagevermögen im Wert von 22,07 Millionen Euro. Die Seeallianz verpachtet
anschließend das lokale Stromnetz an die Netze BW für mindestens 15 Jahre zurück,
diese übernimmt auch weiterhin die technische Wartung. Für die Seeallianz würde bei
Zustandekommen im Jahr 2018 ein Ergebnis vor Steuern von 657 000 Euro erwartet,
was einer Rendite auf das eingesetzte Kapital von 7,3 Prozent entspräche, so Habnitt.
„Die Chancen sind größer als die Risiken“, sagten Habnitt und Riedmann. „Wir sind in
einem sicheren Bereich“, führte Habnitt weiter aus, das sei ein von der
Bundesnetzagentur regulierter Markt. Klar sei auch: „Es geht nicht um den Vertrieb
von Strom“, so Riedmann, also das Vorgehen im östlichen Bodenseekreis, wo das
Regionalwerk Bodensee, gegründet von den Kommunen Eriskirch, Kressbronn,
Langenargen, Meckenbeuren, Neukirch, Oberteuringen und Tettnang, im Bereich der
Netze und beim Stromvertrieb tätig ist. Vorstellbar sei allerdings für die Seeallianz,
dass die Aktivitäten auch auf andere Leitungsnetze, etwa für Gas oder Wasser,
erweitert werden, wenn sich der Zusammenschluss bewährt.

 

Seeallianz

  • Gesellschaftsanteile: Kommunen halten immer 51 Prozent der Gesellschaft. Die
    Anteile der Kommunen an diesem Teil betragen: Bermatingen 4,18 Prozent,
    Deggenhausertal 8,40 Prozent, Markdorf 11,88 Prozent, Salem 13,28 Prozent,
    Owingen 6,67 Prozent, Uhldingen-Mühlhofen 6,59 Prozent. Die SWSee erwirbt 16
    Prozent, die Netze BW hält 33 Prozent.
  • Eigenkapital-Anteile: Gesamtes Eigenkapital beträgt rund 9 Millionen Euro; davon
    Kommunen insgesamt 4,612 Millionen Euro (Bermatingen 378 000 Euro,
    Deggenhausertal 760 000 Euro, Markdorf 1,07 Millionen Euro, Salem 1,2 Millionen
    Euro, Owingen 603 00 Euro, Uhldingen-Mühlhofen 596 000 Euro), Netze BW 2,97
    Millionen Euro, SWSee 1,44 Millionen Euro.
  • Geschäftsführung: zwei Geschäftsführer, einer für die Kommunen und einer für die
    Netze BW.
  • Aufsichtsrat: zwölf Mitglieder (Kommunen sechs, Netze BW vier und SWSee zwei). Aufsichtsratsvorsitzender soll ein Vertreter der Kommunen sein, voraussichtlich
    würde das Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann. Es sind zwei Stellvertreter
    vorgesehen.

Quelle: SÜDKURIER